Archiv für Juli 2010

Der Wahrnehmungsprozess bei Pierre Loti

Mittwoch, 14. Juli 2010

Ein Verstehen bzw. Begreifen des Gesehenen stellt sich dann erst ein, wenn der Beobachter seine geistige Fähigkeit (=Verstand) benutzt, um die objektgebundene Reflexion mittels der Sinnesaktivierung (als Kondition) erfassen zu können. Dieser Prozess sei als Wahrnehmung zu bezeichnen. Durch die Wahrnehmung entsteht der Gedanke, der beim Menschen aufgrund seiner Individualität persönlich ist. Der Gedanke ist bei den Individuen daher stets verschieden, weil beispielsweise seine seelische Verfassung, dessen Verhältnis Ich und Mitmensch oder Natur und Welt, überhaupt sein eigenes Erleben individuell-autonom ist (außer im Kindesalter; dort ist sie noch heteronom bestimmt). Soll ein Gedanke schriftlich festgehalten werden, erfolgt die Fixierung mittels der Sprache und der Schrift. Doch bevor dieser Gedanke zu Papier gebracht wird, schaltet sich die Instanz „Gefühl“ ein. (mehr …)

Fotografie bei Pierre Loti

Mittwoch, 14. Juli 2010

Pierre Loti präsentiert mit dem Roman Madame Chrysanthème ein „Fotoalbum“, das kunstvolle „Urlaubsbilder“ enthält: Augenblicke wurden dokumentarisch festgehalten, um die Erinnerung szenenhaft ins Gedächtnis zu rufen. Dass der Roman mit einem Fotoalbum in Verbindung gebracht wird, liegt nahe, da  Pierre Loti in der Widmung davon spricht, dass Madame Chrysanthème ein Tagebuch ist, das seine persönlichen Eindrücke von Japan und die Wirkung des ostasiatischen Landes auf ihn beinhaltet. Der Autor bringt diese Erlebnisse bei der Dokumentation mit ein – er war also Augenzeuge. Erfahrungen wurden zunächst visuell erfasst und dann in einem individuellen „Bearbeitungsprozess“ der Reflexion in Form eines Tagebuchs bzw. Romans niedergeschrieben. Nun ist die Transferarbeit von der Optik zur Notation eine Möglichkeit, Erfahrbarkeiten wiederzugeben. Eine weitere Möglichkeit der Wiedergabe ist, visuelle Eindrücke in ihrem jeweiligen kulturhistorischen Kontext zu verarbeiten. Konkret gesprochen: (mehr …)

Pierre Lotis Geheimsprache entschlüsselt

Montag, 12. Juli 2010

Die Romane des französischen Schriftstellers und Marineoffiziers Pierre Loti alias Julien Viaud (1850-1923) zeichnen sich vor allem durch ihre einzigartige sprachstilistische Genialität aus. Auf den unzähligen Weltreisen hat der Globetrotter seine Erlebnisse und Erfahrungen zunächst in Tagebüchern niedergeschrieben und sie dann in Romanform veröffentlicht. Die Erzählungen handeln überwiegend von Frauen und Männern, denen er auf seinen Reisen begegnet und lieben gelernt hat. Dabei ist der Franzose zu der Erkenntnis gekommen, dass jene Begegnungen eine Notwendigkeit darstellten, nur in der Ferne zu sich selbst finden zu können. Die immer wieder auftretende geistige Rückkehr zur eigenen Kindheit verhalf dem Erwachsenen schließlich, seine Lebensgeschichte zu verarbeiten.

Obwohl bekannt ist, dass sich Pierre Loti bei der Niederschrift seiner Romane einer Geheimsprache bediente, hat sich bis heute niemand mit dieser Tatsache befasst. Am Beispiel des Romans Madame Chrysanthème (1887) soll nun die systematische Vorgehensweise zur Dechiffrierung des Textes aufgezeigt werden.

– Fortsetzung folgt –

Giacomo Puccini und Ferdinand Tönnies

Montag, 12. Juli 2010

Giacomo Puccini (1858-1924) und Ferdinand Tönnies (1855-1936) – Der gemeinsame Gang zur modernen Musiksoziologie [1]

von Georg Gerry Tremmel und Dr. Norbert Zander [2]

Der Blick auf den Titel dieses Artikels mag vielleicht bei einem (noch nicht) musikalisch bewanderten socius bzw. soziologisch bewanderten musicus kritisches Unbehagen auslösen, da sich beiden sofort die Frage aufdrängt, inwieweit Ferdinand Tönnies überhaupt die Musikwissenschaft und umgekehrt Giacomo Puccini die Soziologie bearbeitet hätte. Jedenfalls um 1884 (erste Oper von Puccini) bzw. 1887 (erstes Buch von Tönnies) ahnte keiner der beiden, was die Soziologie erst später werden sollte. Hier weisen wir auf folgendes: (mehr …)